La Paz ist die höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Der Flughafen «El alto» (Deutsch: Der Hohe) liegt hier auf 13'314 Fuss, oder eben auf 4'060 Metern über Meer. Zum Vergleich: Eiger, Mönch und Jungfrau liegen zwischen 3967 und 4158 Metern. Hier können Mensch und Maschine schnell an ihre Grenzen kommen, weswegen es einige Sachen zu beachten gibt, die im normalen Pilotenalltag nicht vorkommen.
Bestimmt hast du diesen Satz auch schon mal gehört, ganz korrekt ist er allerdings nicht. Das Problem liegt nicht in der Menge an Sauerstoff, sondern im geringeren Druck. Dieser nimmt in der Höhe ab, weswegen der Sauerstoff schlechter in deine Körperzellen gelangt. Folglich erhöhen sich dein Puls und deine Atemfrequenz, um deine Zellen mit der gleichen Menge zu versorgen. Die Druckkabine unseres Flugzeuges wird im Sinkflug auf La Paz langsam die Höhe von La Paz einnehmen. Um dem eintretenden Sauerstoffmangel entgegenzuwirken, müssen wir im Cockpit deswegen unsere Sauerstoffmasken anziehen. Unser Sichtfeld ist somit etwas eingeschränkt, viel mühsamer ist aber die Kommunikation zwischen den Piloten. Da das Mikrofon für die Kommunikation untereinander standardmässig immer offen ist, können wir jeden Atemzug des Kollegen hören. Also stellen wir das Mikrofon ab, müssen nun aber einen Knopf drücken, wenn wir miteinander sprechen wollen.
Da in diesen Höhen auch die Luftdichte abnimmt, steht unseren Triebwerken weniger Luft zum Verarbeiten zur Verfügung. Dementsprechend ist unsere Steigleistung eingeschränkt. Funktionieren beide Triebwerke ist das kein Problem, sollten wir es aber mit einem Ausfall zu tun bekommen, muss in Anbetracht der umliegenden Gipfel, welche teilweise über 6000 m hoch sind, ein guter Plan vorhanden sein, wie wir aus dem Terrain wieder herauskommen. Dieser Plan wird im Approach Briefing durchgesprochen, also sind wir beide mental bereit, sollte dieser Unwahrscheinliche Fall eintreffen. Da die Leistung aller Flugzeuge reduziert ist, beträgt die Pistenlänge in La Paz ausserdem stolze 4000 m. Somit haben auch schwerere Flugzeuge genügend Länge zur Verfügung, um zu Beschleunigen. Beim Start wird mir später auffallen, wie das Flugzeug deutlich länger braucht, unsere Rotationsgeschwindigkeit zu erreichen, als dies in Zürich der Fall ist.
Ein weiterer Effekt der bei grossen Höhen auftritt, ist der Unterschied zwischen der uns angezeigten Geschwindigkeit im Cockpit und der tatsächlichen Geschwindigkeit gegenüber dem Boden. Fürs Fliegen relevant ist die sogenannte Indicated Air Speed, IAS. Diese wird errechnet aus der Messung des Luftdruckes. Bildlich kann man sich das so vorstellen, dass Luftteilchen auf unser Mess-Rohr prallen. In der Höhe sind aber aufgrund der niedrigeren Luftdichte weniger Luftteilchen vorhanden, die auf dieses Mess-Rohr prallen. Um also die gleiche Geschwindigkeit in der Luft zu halten, fliegt ein Flugzeug also gegenüber dem Boden schneller, obwohl die angezeigte Geschwindigkeit konstant bleibt. Dies hat zur Folge, dass unsere Anfluggeschwindigkeit zwar noch immer 120 KTs beträgt, die Geschwindigkeit gegenüber dem Boden aber 170 KTs beträgt. Die Piste kommt also viel schneller näher, und wir brettern fast 50% schneller über die Landebahn. Unsere Bremsen werden mehr beansprucht, die Gefahr einer Überhitzung ist demnach höher.
Dank einer guten mentalen Vorbereitung hat unser Captain das Flugzeug ohne Probleme sicher auf dem höchstgelegen internationalen Flugplatz der Welt gelandet. Auf unserem Parking Stand angekommen ist es Zeit, die Sauerstoffmaske abzuziehen und das Flugzeug für den Rückflug vorzubereiten. Zuerst möchte ich aber die dünne Andenluft schnuppern gehen, und die kühlen 18 Grad mit Sonnenschein geniessen.