Vielleicht bist du in den sozialen Medien über Reels gestolpert, welche Airliner zeigen, welche tief, nahe des Strandes, auf den Endanflug drehen. Dabei könnte es sich um den Flughafen Nizza handeln, an der Côte d’Azur in Frankreich. Die Topografie um Nizza erlaubt bei Westwindlagen keinen direkten, geraden Anflug auf Nizza. Deswegen gibt es ein Procedure, bei welchem der Anflug im 90° Winkel auf den Final Approach Track erfolgt und die anschliessende Kurve von Hand geflogen werden muss. Hier ist Präzision gefragt, da wenig Zeit bleibt, den Anflug zu stabilisieren. Der anspruchsvollere Anflug wird dann belohnt mit einer traumhaften Aussicht aus dem Cockpit: Bei Sonnendämmerung, entlang der Promenade von Nizza von Hand einen Jet zu landen, gehört definitiv zu meinen Top-Erlebnissen in Europa.
Heathrow, Gatwick, Luton, Stansted, City und noch einige mehr. Zahlreiche Flughäfen für eine Grossstadt, die politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum für Abermillionen von Menschen ist. Dementsprechend riesig ist auch das Verkehrsaufkommen in der Luft rund um die britische Hauptstadt. Im Minutentakt starten und landen hier Flugzeuge aus aller Welt. Hier darf man sich insbesondere am Funk keinen Fehler erlauben, denn jeder unnötige Funkspruch zu viel blockiert die Frequenz für dringendere Mitteilungen. Doch auch hier gilt: Gute Arbeit wird belohnt, denn der Luftraum um London ist so strukturiert, dass der Verkehr relativ tief über die Stadt zu den verschiedenen Flughäfen geleitet wird. Vorbei an berühmten Bauwerken wie der O2-Arena, Tower Bridge und dem House of Parliament, um nur einige zu nennen, führt unser Anflug über die Stadt hinein. Als Bonus fliegen wir mit unserem Jet nach Northolt, ein Flughafen nördlich der Stadt. Wir werden sogar über dem Anflug von Heathrow durchgelotst und sehen, wie uns 1000 Fuss tiefer Widebodys auf ihrem Endanflug kreuzen. Anschliessend müssen wir in Richtung Osten ausholen gehen, um unseren Anflug zu starten, extra-sightseeing quasi inbegriffen!
Auch die Schweiz hat einiges zu bieten, was das Fliegerherz höherschlagen lässt. Mit Sion, Samedan und Lugano befinden sich gleich drei Flugplätze im Alpenraum, welche von beeindruckender Topografie umgeben sind. Bisher durfte ich erst nach Sion fliegen, doch mit einem Jet durch die Wolken in ein Tal abzusinken ist faszinierend und anspruchsvoll zugleich: Auf 16'000 Fuss kommen wir auf unseren Gleitwinkel, welcher hier 6 Grad beträgt. Dies ist doppelt so steil, wie ein standardmässiger Anflug. Kommt man hier zu schnell, wird es unmöglich so abzubremsen, dass ein stabiler Anflug noch machbar wird. Bereits auf 8000 Fuss müssen wir genügend visuelle Referenzen haben, um weiter ins Tal abzusinken, ansonsten hiesse es «Go-Around». Wir befinden uns hier bereits unter den umliegenden Gipfeln! Der Sinkflug führt uns weiter auf 4'000 Fuss, wo wir den Anflugwinkel auf 4 Grad abflachen. Auch dieser Moment darf nicht verpasst werden, ansonsten fliegen wir mit zu hoher Sinkrate dem Boden entgegen, was potenziell gefährlich werden kann. Alles richtig gemacht fliegen wir nun von Hand in einer Links-Rechts-Kurve auf die Pistenmitte zu und bringen das Flugzeug sicher umgeben der Alpen in Sion zu Boden.