Artikel

Wie Piloten und Pilotinnen bei Starkwind vorgehen

Bestimmt hast du schon das ein oder andere Video von spektakulären Crosswind-Landungen online gesehen und dich dabei gefragt, wie sich das für die Piloten und Pilotinnen anfühlt und welche Vorgänge dabei ablaufen. Die Antworten dazu findest du hier.

Bereit für (fast) alles

In den meisten Fällen zeichnet sich eine Landung in schwierigen Windverhältnissen schon früh ab - genauer gesagt in der Flugvorbereitung und beim Pilotenbriefing. Hierbei schauen wir uns das TAF (Terminal Aerodrome Forecast) an, welches eine Wettervorhersage für den jeweiligen Flughafen üblicherweise über die nächsten 24h bis 30h darstellt. Später mit Hilfe eines ATIS (Automatic Terminal Information Service) können wir uns im Flug laufend über das aktuelle Wetter, aktive Piste und Weiteres am Zielflughafen informieren. Somit machen wir uns bereits ein genaues Bild davon, was uns an Wind erwarten wird. Eine weitere Informationsquelle ist die ATC. Am Funk hören wir, ob andere Flugzeuge bereits durchstarten mussten. Somit können wir einschätzen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir zum Ausweichflughafen fliegen. Das Wetter dieser Ausweichflughäfen halten wir natürlich auch im Blick. Alle diese Infos brauchen wir um unseren Plan B stehts aktuell zu halten.

Die richtige mentale Einstellung

Beide machen sich noch vor dem Anflugbriefing Gedanken, was die Spezialitäten sowie Gefahren auf diesem Anflug sein könnten und wie man damit umgehen kann. Zusammen wird anschliessend also z.B. besprochen, wie wir das Manöver im Falle von Scherwinden fliegen oder wie wir Geschwindigkeitsfluktuationen mit Hilfe eines zusätzlichen Puffers kompensieren. Des Weiteren gehen wir die Optionen durch, die wir mit der verbleibenden Treibstoffmenge haben.

Nun sind wir also auf derselben Wellenlänge, haben das gleiche mentale Modell und für mögliche Szenarien einen Schlachtplan erstellt. Dabei sind wir uns immer bewusst: Safety first. Sollte irgendeine Limite verletzt werden oder haben wir ein schlechtes Gefühl, zögern wir nicht durchzustarten.

Die Landung

Da sich jeder Flieger etwas anders landet und das Vorgehen bei Seitenwind möglicherweise unterschiedlich ist, befinden wir uns in diesem Beispiel in einem A220. Man muss sich bewusst sein, dass starker Wind alleine kein Indikator für eine schwierige Landung ist. Massgebende Faktoren sind Windrichtung und Böenstärke.

  • Je mehr der Wind von der Seite kommt (also max. 90°), desto grösser ist die Seitenwindkomponente. Und je grösser die Seitenwindkomponente, desto stärker muss das Decrab-Manöver ausfallen. Hierbei muss die Nase während des Landeablaufes auf die Pistenachse ausgerichtet werden. Dafür müssen alle Achsen gleichzeitig gesteuert werden, was viel Können und Koordinationsvermögen voraussetzt.
  • Kommen nun noch Böen hinzu, dann wird dieser Ablauf nochmals anspruchsvoller, denn mit fluktuierender Geschwindigkeit muss zusätzlich noch der Schub intensiver überwacht bzw. bedient werden und auf ständige Veränderungen des Flugweges soll sofort reagiert werden.

Go-Around!

Ein Windstoss hat uns so sehr von der Pistenmitte abgebracht, dass in dieser Phase der Landung keine Korrektur mehr möglich war, deshalb sagt einer von beiden mit bestimmter Stimme: Go-Around! Die Schubhebel gehen sofort nach vorne, der Flugweg wird angepasst, das Fahrwerk eingefahren und die Klappen bedient.

Sobald jemand dieses Kommando gibt, führt es der fliegende Pilot ohne zu fragen aus. Anschliessend wird der Plan ausgeführt, den man sich zurechtgelegt hat, was z.B. ein zweiter Anflug wäre. Besprochen wird das Ganze, wenn Zeit dazu ist.

Artikel teilen