Lukas Nannini klopft an die Tür des Kommandanten der Pilotenschule. Es gebe ein Problem mit seiner Bachelorarbeit, sagt der Kommandant. Plagiat. Auch der Studiengangsleiter der ZHAW ist am Telefon. Es scheint ernst zu sein. Dann klopft es noch einmal – und sechs Piloten der Patrouille Suisse stehen in der Tür. Lukas Nannini fällt ein Stein vom Herzen, alles nur ein Scherz: Sie wollen ihn zu ihrem neuen Tiger Due, dem Right Wing der Staffel machen. Die Anekdote zeigt: In die Patrouille Suisse aufgenommen zu werden, ist eine grosse Ehre. Bewerben kann man sich dafür nicht. Doch was braucht es, um Teil des eingeschworenen Teams zu werden? «Klar spielt das fliegerische Können eine Rolle, viel wichtiger ist aber, dass man von der Persönlichkeit her ins Team passt. Die anderen Piloten müssen einem voll vertrauen können», sagt der 28-Jährige. Und das tun sie – seit Anfang 2017 fliegt Bigfoot als vollwertiges Mitglied der Patrouille Suisse mit.
Die Fliegerei hatte ihn schon immer fasziniert. Der Wunsch, Berufsmilitärpilot zu werden, kam jedoch relativ spät, und eher zufällig. «Bis zu SPHAIR sass ich noch nie in einem Cockpit», erzählt Lukas Nannini, «und am Ende des zweiwöchigen Flugkurses konnte ich die Piper selbst steuern und über dem Lago Maggiore meine Übungen absolvieren – das hätte ich nie gedacht.» Er erhielt die Empfehlung als Militärpilot und machte weiter: Vom Militärdienst über die verschiedenen Selektionsstufen und die Pilotenschule bis zur Anstellung als F/A-18-Pilot bei der Schweizer Luftwaffe. «Je weiter die Selektion fortschritt, desto grösser wurde die Motivation, nicht rauszufliegen. Und ein bisschen Glück war auch dabei», sagt Bigfoot.
«Dreihe – toc – Rauch finito – toc», Leader Gunnar «Gandalf» Jansen gibt konzentriert die Kommandos im Bambini-Code, während die Piloten mit geschlossenen Augen mental das Programm durchgehen, jeder in seiner Position. Auch das Wetter und der Vorführort werden am Briefing der Patrouille Suisse detailliert besprochen. Welche Zonen nicht überflogen werden dürfen, wo das Publikum steht, wo die Orientierungspunkte im Gelände und wo mögliche Hindernisse sind. «Wenn wir in Bodennähe fliegen, müssen wir die Situation vor Ort genau kennen», erklärt Lukas Nannini. Nach dem Briefing ziehen die Piloten ihre Ausrüstung an, klopfen sich gegenseitig ab und übernehmen ihre F-5 Tiger. Dann geht’s los. Volle Konzentration, 25 Minuten lang. Die Piloten fliegen zum Teil mit nur drei bis fünf Metern Abstand, mit bis zu 1'000 km/h und je nach Figur mit vier bis fünf G – enormen Kräften, die auf den Körper wirken. Timing und Präzision ist alles. Die Aufgabe der Piloten ist es, ihre spezifische Position während der ganzen Vorführung exakt zu fliegen. So trägt jeder dazu bei, dass das Zusammenspiel optimal funktioniert und das Gesamtbild aus Zuschauersicht stimmt. Die Teamleistung macht eine gelungene Vorführung aus. «Man kann sich keinen Fehler erlauben, und trotzdem gibt es immer etwas zu verbessern», lacht Bigfoot. Nur perfekt ist diesem Team eben gut genug.
Im Durchschnitt fliegt die Patrouille Suisse jedes zweite Wochenende eine Vorführung. Die Saison dauert von April bis Oktober. Auch Einsätze im Ausland stehen auf dem Programm. Dazu kommen regelmässige Trainings. Und das alles parallel zu Lukas Nanninis eigentlichem Beruf als F/A-18-Pilot in der Staffel 17 der Schweizer Luftwaffe. Zu seinem Job gehören Luftpolizeidienst, Trainingsflüge und das Unterrichten als Fluglehrer. «Mit der Patrouille Suisse kann ich die Faszination meiner Tätigkeit bei der Schweizer Luftwaffe auch einem grösseren Publikum zugänglich machen», sagt er. Bigfoot ist Militärpilot mit Leib und Seele. Wo er in weiteren zehn Jahren sein wird, weiss er allerdings noch nicht. Ganz bestimmt irgendwo in einem Cockpit.