Jetpilotin sitzt auf Kampfjet neben Cockpit
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Pilotin werden? Das geht!

Trotz der heutigen Chancengleichheit in der Luftfahrt wagen sich noch immer zu wenig junge Frauen ins Cockpit. SPHAIR Geschäftsleiter Beat Hedinger inspiriert junge Frauen mit einer kurzen, persönlichen Geschichte.

Meine Mutter, Ursula Bühler Hedinger, hat 1963 fliegen gelernt und 1973 als erste Frau der Schweiz überhaupt das Linienpilotenbrevet erlangt. Zu jener Zeit war dies eine Sensation. Ihr Weg war jedoch nicht ohne Widerstand: Sie wurde bei der Swissair im Theorieunterricht in die letzte Reihe verbannt und durfte keine Fragen stellen. Trotz sehr guter Leistungen wurde sie nicht als Pilotin angestellt. Die offizielle Begründung lautete damals, dass ihr der behaarte Handrücken und die sonore Männerstimme fehlten … Meine Mutter liess sich aber nicht beirren und wurde eine begnadete Pilotin und Fluglehrerin. Sie hat im Rahmen der fliegerischen Vorschulung (dem Vorgängermodell von SPHAIR) künftige Militärpiloten in Kunstflug ausgebildet, als erste Rega Jet-Pilotin viele Einsätze absolviert und schliesslich auch mir selber das Fliegen beigebracht.

Zur Karriere im Cockpit

Zum Glück sind diese Zeiten vorbei! Dennoch müssen wir auch im Hinblick auf eine Cockpit-Karriere mit offenen Karten spielen: Das Leben als Pilotin unterscheidet sich natürlich nicht von demjenigen eines Piloten. Es ist wunderbar – und herausfordernd. Nicht nur im Job – auch zuhause. Eine hohe Flexibilität des Partners ist nötig, um Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen. In der Linienfliegerei erhaltet ihr den Dienstplan des nächsten Monats normalerweise erst gegen Ende des aktuellen Monats. In der Militärfliegerei planen wir in der Regel langfristiger, wodurch ihr euch etwas weiter voraus organisieren könnt.

Eine Airlinepilotin sitzt im Cockpit und spricht mit dem anderen Piloten
Eine Airlinepilotin steht auf der Flugzeugtreppe und wartet auf die Passagiere
Eine Helikopterpilotin sitzt bei geöffneter Türe im Super Puma
Schweizer Jetpilotin steht vor Kampfjet in einem Hangar
Jetpilotin sitzt auf Kampfjet neben Cockpit
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Jedoch arbeiten auch wir immer wieder wochen- oder monateweise an externen Standorten. Andererseits ist damit auch die Freizeit gut planbar. Mit etwas Koordinationsgeschick und einem verantwortungsbewussten Umfeld ist der Beruf Pilot/in also gut vereinbar mit einer Familie. Letztlich dürfen wir uns aber auch nichts vormachen: Bei der Fliegerei handelt es sich nach wie vor um ein von Männern dominiertes Umfeld. Heute steht in der Schweizer Aviatik aber ALLEN Jugendlichen eine faire Chance zu – insbesondere dank SPHAIR. Wer könnte also das vollenden, was meine Mutter angestossen hat, wenn nicht wir – meine und eure Generation?

Many happy landings and see you soon!

Tipps für Kandidatinnen

Für diejenigen unter euch, die sich unsicher sind, ob sie den Weg in ein Cockpit schaffen können oder überhaupt versuchen sollen, habe ich nachstehend vier massgeschneiderte Tipps formuliert. Und falls ihr nach SPHAIR Militärpilotin werden wollt: Habt ihr gewusst, dass es Frauen (im Unterschied zu Männern) gestattet ist, die militärische Rekrutierung auch erst nach dem dritten Selektionsschritt (Simulator) zu absolvieren? Und dass wir heute wissen, dass Frauen allfällige körperliche Unterschiede auf militärischen Märschen mit mentaler Stärke kompensieren?

1. Getraut euch!

In der Militärfliegerei ist es unabdingbar, ein Flugzeug oder einen Helikopter bis an seine Leistungsgrenze bringen zu können, insbesondere im echten Einsatz. Wir erleben es häufig, dass junge Männer die Grenzen ausloten, zum Beispiel indem sie den Arbeitsraum bis an die Grenzen ausfliegen. Junge Frauen neigen hingegen eher dazu, zusätzliche Sicherheitsmargen einzubauen. Je nach Situation kann beides richtig sein. Auf jeden Fall darf und soll man aber während der Ausbildung mit einem Fluglehrer die Grenzen kennenlernen, denn nur auf diese Weise lernt man, mit ihnen umzugehen – und erweitert damit sein eigenes Können und Selbstvertrauen!

2. Lasst euch nicht verunsichern!

In der Luft braucht es eine gehörige Portion Entschlossenheit. Ihr dürft und müsst Entscheide fällen, ohne dass ihr zu 100 % sicher seid, und müsst danach dazu stehen. Es geht aber allen so! Denn keiner von uns hat den totalen Durchblick. Ein Entscheid war dann richtig, wenn er aus der Situation heraus vernünftig war, denn im Nachhinein ist man immer klüger und von aussen betrachtet wollen es immer viele besser wissen. Bleibt also kritisch gegenüber euch selbst, aber auch gegenüber anderen: Auch wenn jemand meint, dass er jede Schraube kennt und alles weiss, heisst das nicht, dass er dies auch wirklich tut. Lasst euch nicht beirren! Getraut euch Fragen zu stellen, auch wenn ihr denkt, dass alle anderen die Antwort schon kennen – oft wissen es die anderen nämlich auch nicht. Seid unerschrocken und vertraut euch und euren Fähigkeiten!

3. Packt eure Chance!

In der Fliegerei wohnen Erfolg und Misserfolg sehr nahe beieinander. Beides gehört dazu. Wenn es euch gut läuft: Sprecht nach dem Flug darüber und merkt euch, warum es Euch gut gelungen ist. Wenn ihr euer Potenzial nicht so richtig entfalten konntet: Macht nichts! Arbeitet im Flug unerschrocken weiter, macht das beste aus der Situation und vergrämt euch nicht, denn alle machen Fehler! Findet nach dem Flug heraus, woran es gelegen hat und wie ihr euch beim nächsten Mal verbessern könnt. Gebt nie frühzeitig auf – so mancher von uns hat «den Knopf» erst bei zweiten Mal «aufgetan», auch wenn er es nicht gerne offen zugibt.

4. Lernt voneinander!

«Fliegen lernt ihr im Schlaf». Das heisst, ihr verarbeitet das Gelernte nach dem Debriefing, häufig am Abend, allein, oder noch besser im Gespräch mit den KameradInnen. Am besten lernt ihr voneinander, wenn ihr ehrlich seid und eure Erkenntnisse teilt. Das fällt nicht allen gleich leicht. Oft ist es vorteilhaft, auch am Abend einen nahen, gemeinsamen Aufenthaltsbereich nutzen zu können. Dieser Austausch ist enorm wichtig. Je nach örtlicher Gegebenheit müsst ihr euch etwas um die Gelegenheiten dafür kümmern.

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