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Die ganze Welt als Arbeitsplatz

Früher war Samuel Ochsner Helikopterpilot bei der Schweizer Luftwaffe.

Das ist er heute noch, aber als Milizpilot. Eine neue berufliche Herausforderung fand er als Pilot bei Edelweiss. Damit hat er sich weder gegen die militärische noch für die zivile Aviatik entschieden – sondern für beides.

«Request flight level tree niner zero.» Co-Pilot Samuel Ochsner schickt seine Anfrage für die neue Flughöhe via CPDLC ab. «Über dem Atlantik kommunizieren wir mit einer Art SMS mit der Leitstelle am Boden, weil es hier keine Funkverbindung und keinen Radar gibt», erklärt er und erhält postwendend die Freigabe: «Climb and maintain flight level tree niner zero, report when reaching». Samuel Ochsner stellt die neue Höhe ein. Dann schweift sein Blick wieder über die Wolkenformationen in der Abendsonne. Der Edelweiss Airbus A330 ist unterwegs von Zürich nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik. Für die rund 300 Passagiere ist es wohl der Beginn eines einmaligen Urlaubs. Für Samuel Ochsner und seine 10-köpfige Crew ist es Arbeitsalltag. Aber kein alltäglicher.

Vom Helikopter in den Airliner und zurück

Nach 15 Jahren als Militärpilot fliegt Samuel Ochsner heute als Airlinepilot für die Edelweiss. Seinen ehemaligen Beruf hat er dennoch nicht aufgegeben. Als Miliz-Helikopterpilot ist er während sechs Wochen pro Jahr nach wie vor fürs Militär tätig. Im Super Puma hat er zwar nicht so viele Passagiere, die Verantwortung ist eine andere: Zu seinen Einsätzen gehören Lastenflüge, der Transport von Truppen und zivilen Personen wie beispielsweise Bundesräte, Flüge für das Grenzwachtkorps sowie Trainings. Milizpiloten wie ihn braucht es aber auch, um die Erfahrung an junge Piloten weiterzugeben. Während er mit dem Super Puma in der Schweiz herumkommt, bringt ihn sein Arbeitsplatz im Airlinecockpit rund um den Globus. «Ich bin am Morgen in der Schweiz und am Abend beispielsweise auf den Malediven und eine Woche später in Las Vegas – das ist unschlagbar», schwärmt Samuel Ochsner. Das viele Reisen erfordert ein flexibles Umfeld. Zwischen den Rotationen hat er jedoch immer wieder einige Tage frei und kann zum Beispiel unter der Woche etwas mit seinen zwei Töchtern unternehmen – dann, wenn andere arbeiten.

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Anspruchsvoll und abwechslungsreich

Seinen ersten eigenen Flug absolvierte Samuel Ochsner mit 18 in der Fliegerischen Vorschulung, heute SPHAIR. Die Faszination war geweckt und liess ihn seither nicht mehr los.«Ohne Fliegerische Vorschulung wäre ich vermutlich nicht Pilot geworden», sagt er. Es sei eine sehr gute Gelegenheit, ohne finanzielles Risiko herauszufinden, ob die Fliegerei einem gefällt und ob man sich dafür eignet. Wenn er ausländischen Kollegen von seiner Doppelfunktion erzählt, schauen diese ihn nur mit grossen Augen an. Denn in fast keinem anderen Land ist es möglich, gleichzeitig militärisch und beruflich in der zivilen Aviatik zu fliegen. «Es lohnt sich, die aviatische Karriere im Militär zu beginnen», sagt Samuel Ochsner. «So erhält man als junger Pilot oder junge Pilotin eine umfassende Grundausbildung, kann in einem spannenden Umfeld arbeiten und später in die zivile Aviatik wechseln.» Warum also zwischen ziviler und militärischer Aviatik entscheiden, wenn man beides haben kann?

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