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Eyes in the sky

Als sich "Jäne" an diesem Morgen im QRA Aufenthaltsraum vor seinen Laptop setzt, weiss er noch nicht, dass er gleich zu einer Hot Mission über den Walliser Alpen gerufen wird. Aber alles der Reihe nach.

Jäne absolviert wie jeder Jetpilot der Schweizer Luftwaffe periodisch die Quick Reaction Alert Duty (QRA). Ab 1.1.2021 stehen für die QRA jeweils zwei Piloten mit ihren bewaffneten F/A-18 Hornets rund um die Uhr bereit, um die Überwachung und den Schutz des Schweizer Luftraums zu garantieren. Ist man in der QRA eingeteilt, lebt man 4 Tag am Stück auf der Air Base, auch in der Nacht. Jäne und sein Wingman müssen dann bei einem Alarm innerhalb von 15 Minuten in der Luft sein, zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Als an diesem Herbstmorgen das Alarm-Telefon klingelt, teilt ihm die Einsatzzentrale in Dübendorf mit: "Hot Mission". Hot Mission bedeutet Ernsteinsatz. Ein Flugzeug mit Fahrwerksproblemen ist im Schweizer Luftraum unterwegs und bittet um Unterstützung. Sofort begibt sich Jäne in den Hangar, wo die Bodencrew bereits die Hangar Tore geöffnet haben und der F/A-18 Hornet bereitsteht. Zuerst klettert Jäne flink ins Cockpit, wo er mit ein paar wenigen Handgriffen die Elektronik des F/A-18 Hornet hochfahren lässt. Danach zieht er seine Ausrüstung an und steigt ins Cockpit. In diesem Moment läuft alles wie nach Drehbuch ab. Das kontinuierliche und intensive Training zahlt sich aus, denn es mag jetzt keine Fehlmanipulation oder Zeitverlust leiden. Nach den letzten Checks am Boden erhält Jäne und sein Wingman das Go zur Mission. Kraftvoll beschleunigen die beiden F/A-18 Hornet nacheinander auf der Piste und heben Richtung Berner- und Walliser-Alpen ab.

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Schon bald erscheint das Flugzeug auf dem Radar der beiden F/A-18 Hornet. Jäne kennt in diesem Moment nur den Flugzeugtyp und das gemeldete Problem des Piloten. Doch ob dem wirklich so ist, kann er erst beurteilen, wenn er vor Ort direkt neben dem Flugzeug fliegt. Mit einem standardisierten Abfangverfahren nähern sich Jäne und sein Wingman der Maschine. Er sieht sofort, dass das Bugfahrwerk nicht ganz ausgefahren ist. Mit einem Winkel von etwa 60 Grad ragt es aus dem Bugfahrwerkschacht heraus. Jäne ist nun das Auge des zivilen Piloten, denn dieser sieht sein Fahrwerk aus dem eigenen Cockpit nicht. Per internationaler Funkfrequenz nimmt er Kontakt mit der zivilen Maschine auf und teilt dem Piloten all seine Beobachtungen mit. "In diesem Moment hilft es dem Piloten sehr, dass wir ruhig und professionell mit ihm kommunizieren. Dies gibt ihm die nötige Sicherheit, dass jemand an seiner Seite ist, im wahrsten Sinn des Wortes" schmunzelt Jäne. Er fliegt seine Hornet in ca. 50 Meter Abstand parallel zum zweimotorigen Turboprop. "Die Herausforderung… " erklärt Jäne, "…ist, dass die andere Maschine mit 180km/h für uns relativ langsam fliegt". Deshalb muss er seine Hornet mit einem beachtlichen Anstellwinkel neben dem zivilen Flugzeug halten. Das ist je nach Turbulenzen nicht immer ganz einfach und benötigt zudem viel Leistung.

Der Pilot der zivilen Maschine entscheidet sich abzusinken um eine bessere Funkverbindung mit seiner Bodencrew herstellen zu können. Er wird nun sämtliche Checks durchzuführen, in der Hoffnung, dass sich das das Fahrwerk doch noch ganz ausfahren lässt. Dazu ist er bereits in die Region Sion geflogen und fliegt ein sogenanntes Holding-Muster ("Race Pattern") ab. Die beiden Hornets tun dies ebenfalls, allerdings etwas höher und schneller. Dies mit der Idee, möglichst lange in der Luft bleiben zu können um bei Bedarf dem Piloten der Turboprop Maschine weitere Unterstützung zu geben, sollte er sie benötigen. "Es war in diesem Moment wichtig, dem Piloten zu signalisieren, dass wir noch in seiner Nähe sind falls er uns braucht" ergänzt Jäne. Schlussendlich hat sich der Pilot dazu entschieden in Sion in den Anflug über zu gehen. Jäne und sein Wingman drehen ab und fliegen nach Payerne zurück, wo sie nach 90 Minuten Flugzeit sanft aufsetzen. Nach dem anschliessenden Debriefing erhält Jäne die Nachricht, dass das zivile Flugzeug mit einer kontrollierten Notlandung sicher gelandet ist und alle Insassen wohlauf sind. "Solche Einsätze sind sehr erfüllend, denn wir konnten aktiv helfen und zu einer möglichst soliden Sitationsbeurteilung der zivilen Crew vor Ort in der Luft beitragen" sagt Jäne, loggt sich wieder am PC ein und führt seine ursprüngliche Arbeit fort. Bis zum nächsten Alarm.

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