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Volle Kraft voraus

Der Himmel ist stahlblau an diesem Morgen. Wenn Fanny Chollet kein Interview geben würde, wäre sie jetzt im Cockpit einer F/A-18 Hornet, um ihrem Job nachzugehen.

Doch es ist wichtig, ihre Geschichte zu erzählen – denn als erste Kampfjetpilotin der Schweiz ist sie das beste Beispiel dafür, dass man mit Talent und Engagement alles erreichen kann.

Die Schweizer Luftwaffe braucht kompetenten Nachwuchs in den Cockpits. Die Türen zu einem verantwortungsvollen, vielseitigen Job in der dritten Dimension stehen allen offen, und zwar unabhängig des Geschlechts. Oberleutnant Fanny Chollet ist den Weg gegangen und deshalb ein wichtiges Vorbild – besonders für junge Frauen. Eine Sonderstellung lehnt sie jedoch entschieden ab. «Ich habe nicht mehr geleistet als meine Kollegen», sagt sie. Dennoch ist die Tatsache, dass nun auch eine Frau in der Schweiz Kampfjets fliegt, ein wichtiges Signal für alle, die sich eine solche Laufbahn vorstellen können.

Das Schöne an meinem Job ist, dass man jeden Tag besser werden kann.

Alles auf eine Karte gesetzt

Mit mehreren zivilen Piloten in der Familie wurde Fanny Chollet das Interesse an der Aviatik in die Wiege gelegt. Als es um die Studienwahl ging, war es jedoch ihre Mutter, die sie auf eine Karriere bei der Luftwaffe aufmerksam machte. Mit 19 absolvierte sie den SPHAIR Flugkurs und schloss mit der Empfehlung als Militärpilotin ab – für Fanny Chollet bis heute ein Schlüsselmoment. Es folgten die fliegerische Selektion, der Militärdienst bis zur Offiziersschule, das dreijährige Bachelor-Studium in Aviation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und die Pilotenausbildung bei der Luftwaffe. Rund zehn Jahre, nachdem sie ihren Entschluss gefasst hatte, wurde Fanny Chollet im Dezember 2017 als Militärpilotin in der Sparte Jet brevetiert. «Mein Plan B war ein Physikstudium an der ETH. Als ich die Empfehlung von SPHAIR erhielt, setzte ich aber alles auf diese Karte», sagt sie. Seit dem 1. Januar 2019 fliegt sie operationell in der Fliegerstaffel 18 in Payerne. Meistens stehen täglich ein bis zwei Flüge auf dem Programm, Trainings und Luftpolizeieinsätze. «Ich kontrolliere zum Beispiel Flugzeuge, welche die Verkehrsregeln verletzt haben, und leiste Hilfe, wenn sie in Not sind», erklärt die junge Pilotin.

Zeit und Energie investieren

Obwohl sie ihre Ausbildung abgeschlossen hat, steht sie ganz am Anfang ihrer Laufbahn. «Das Schöne an meinem Job ist, dass man jeden Tag besser werden kann», sagt Fanny Chollet. «Nach jedem Training oder Einsatz analysieren wir unsere Leistung, es ist fast wie ein zweiter Flug. Und weil die Bedingungen nie dieselben sind, lernt man immer dazu.» An Zukunftsperspektiven fehlt es ihr nicht: Als nächstes wird Fanny Chollet die Ausbildung zum Leader einer Zweierformation absolvieren und sich auch später regelmässig weiterbilden. Ihr Tipp für junge Frauen, die Pilotinnen werden wollen? «Ich empfehle allen, ihren Traum konsequent zu verfolgen sowie ihre Zeit und Energie darin zu investieren, egal ob Mann oder Frau – sie haben genau die gleichen Chancen», sagt Fanny Chollet. «Und ich habe die Hoffnung, dass es irgendwann normal ist, dass Frauen Kampfjets fliegen.»

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