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Mit Tempo 685 km/h über Frankreich

Wie jeden Morgen absolviert Simon Waldis seine 8 km Joggingrunde rund um seinen temporären Wohnort in der Nähe des französischen Luftwaffenstützpunktes Cognac, in Westfrankreich. Doch was macht ein Schweizer Luftwaffenpilot in Frankreich?

Simon wurde für das Pilot Exchange Programme, genannt PEP, ausgewählt. Die Schweizer Luftwaffe organisierte in den letzten Jahren verschiedene Austauschprogramme mit Partnernationen. Schweizer Luftwaffen Piloten arbeiten dort zum Beispiel als Fluglehrer. "Es ist super interessant, hinter die Kulissen einer anderen Luftwaffe zu blicken und etwas Neues kennenzulernen" meint Simon. Er fliegt keine Ernsteinsätze bei der französischen Armee, das verbietet die Schweizer Verfassung. Jedoch bildet er französische Pilotenschüler auf dem Pilatus PC-21, einem Schweizer Flugzeug, aus. "Ich war selbst während einem Jahr Schüler auf dem PC-21 und bin begeistert von diesem Schulflugzeug" schwärmt er. "Nach mehreren Jahren als Einsatzpilot auf dem F/A-18 Hornet und PC-21 Fluglehrer in der Schweiz, bewarb ich mich für das PEP und wurde angenommen". Anfänglich war es für ihn schon eine Umstellung in Frankreich zu leben und zu arbeiten. Den französischen Lifestyle haben er und seine Frau aber schnell schätzen gelernt.

Foto: Photos: © Philippe Midreuil / Armée de l'Air
Foto: Photos: © Philippe Midreuil / Armée de l'Air
Foto: © Nicolas-Nelson Richard / SIRPA Air

Die Armée de L'Air, funktioniert allerdings anders als die Schweizer Luftwaffe. Die Armee hier ist riesig. Frankreich ist NATO Mitglied und permanent weltweit in verschiedenen Interessengebieten involviert. Das Training der Piloten findet während 3 Jahren auf verschiedenen Luftwaffenbasen in ganz Frankreich statt. In Cognac wird die Ausbildung auf Turboprop absolviert, bevor die Piloten dann direkt auf den Dassault Rafale Kampfjet umschulen. Der PC-21 muss sich indes nicht verstecken. "Wir fliegen mit satten 685 km/h in unseren Trainingsräumen und ziehen dabei locker auch mal +7 G, also wie ein Kampfjet" betont Simon begeistert. Man merkt, dass er aus Leidenschaft Pilot geworden ist.

Frankreich bildet seine Piloten wie die Schweiz auf einem Hochleistungs-Turboprop aus und vollzieht dann direkt den Transfer auf den Einsatz-Jet. Simon erklärt, dass "auf diese Weise der bisherige Zwischenschritt auf dem Alpha Jet ausgelassen wird. Dabei spart man Zeit und Kosten ein. Der Vorteil des PC-21 ist, dass das Cockpit individuell angepasst werden kann. Die Maschine welche ich hier fliege sieht im Cockpit anders aus als die in der Schweiz. Hier wird eher das Cockpit des Rafale und seine Eigenschaften simuliert, bei uns ist es der F/A-18 Hornet".

Foto: © Philippe Midreuil / Armée de l'Air
Foto: © Philippe Midreuil / Armée de l'Air
Foto: © Philippe Midreuil / Armée de l'Air
Foto: © Nicolas-Nelson Richard / SIRPA Air
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Simon bildet die französischen Pilotenschüler, aber auch angehende Fluglehrer praktisch auf dem gesamten Einsatzspektrum aus. Vom ersten Mal ins Cockpit sitzen bis zu recht komplexen Luftkampfübungen ist alles dabei. "Der Job als Jetpilot ist ähnlich wie in der Schweiz. Allerdings ist der Syllabus dem Bedürfnis der Französischen Luftwaffe angepasst. Weiter ist das Hierarchieverständnis in Frankreich doch sehr anders", sagt Simon und schmunzelt "aber die Organisation ist ja auch etwa 10-mal grösser als bei uns". In der Schweizer Luftwaffe herrscht trotz den sehr klaren Strukturen ein sehr kollegialer Umgang. "Jeder weiss bei uns wann es ernst gilt und respektiert den anderen. Solch kollegialer Umgang zwischen Fluglehrer und Schüler sind hier eher die Ausnahme" bemerkt Simon. Bei seinem ersten Briefing sei er schon etwas nervös gewesen. "Ich war gespannt ob ich die Schüler richtig verstehe und umgekehrt. Aber man gewöhnt sich schnell ans Französisch und ich bin happy, dass ich neben dem Fliegerischen auch sprachlich profitieren kann" meint Simon. Er betont, dass "die Franzosen sehr motiviert sind! Es macht grossen Spass diese Piloten auszubilden".

In seiner Freizeit betreibt Simon viel Sport und geniesst es auch mal mit seiner Frau ans nahe Meer zu fahren. "Mit diesem Austauschprogramm lerne ich nicht nur eine andere Ausbildung, Kultur und Piloten kennen, sondern bin mir auch immer wieder bewusst, was für eine Topausbildung wir in der Schweiz geniessen dürfen. Wir müssen uns im Vergleich mit anderen Nationen absolut nicht scheuen". Der Einsatz von Simon ist auf 1.5 Jahre befristet. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz wird er wieder als Einsatzpilot in der Fliegerstaffel 11 in Meiringen arbeiten. "Ich bin für diese Erfahrung sehr dankbar. Ich freue mich zugleich aber wieder auf meine Kameraden in der Schweiz", setzt den Schubhebel des PC-21 auf "MAX" und startet zum nächsten Schulungsflug.

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